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vier Monate gemeinsame Zeit


Heute vor vier Monaten kam meine Julia* zum wiederholten Male – entgegen der gültigen Sorgerechtsregelung – eigenständig zu mir. Ich war gerade verabredet am Maschsee. Da rief sie mich an: sie sei bei mir zu Hause, aus der Schule zu mir gekommen anstatt in den Hort zu gehen, aus dem sie dann von ihrem Vater abgeholt würde. Ob ich kommen könnte, sie möchte nicht zurück zu ihrem Vater. Sofort machte ich mich auf den Rückweg, beeilte mich. Seit sie das erste Mal mit ihrer jüngeren Schwester zweieinhalb Monate zuvor am Ostersamstag diesen Jahres von ihrem Vater weggelaufen war und sie anschließend zum Ende der Ferien mit Polizeigewalt von mir getrennt wurde, hatten wir uns nur noch vier mal für zwei Stunden unter Aufsicht gesehen.

Wir schlossen uns 45 Minuten später selig in die Arme. Dann informierte ich schnellstens Jugendamt, Polizei und ihren Vater. Schon einmal hatte man mir vorgeworfen, ich hätte die Flucht der Kinder initiiert, da ich nicht UNMITTELBAR den Vater informiert hatte. Der Vater, den ich dann informierte, war kurz angebunden: monierte zunächst tatsächlich, warum ich mich erst jetzt meldete und forderte ich solle doch Julia zurück in den Hort bringen, ich wüsste ja, was sonst passieren würde. Mit seiner Tochter wollte er kein Wort wechseln.

Auch bei dem ca. zwei Stunden später folgenden Polizeieinsatz war er nicht anwesend. Julia musste zum wiederholten Male den Behörden erklären, dass sie nicht zu ihrem Vater zurückwolle, dass sie bei ihrer Mama leben wolle und sich nur dort zu Hause fühle. Zunächst erschien eine gewaltsame Rückgabe zu ihrem Vater alternativlos. Nachdem Polizei und Jugendamt meine Kamera im Wohnzimmer entdeckt hatten, wendete sich das Blatt. Letztlich wurde eine wirklich nette Polizistin geordert, die sich mit Julia unterhielt – die erste Beamtin seit allen Polizeieinsätzen, die keinerlei Druck auf das Kind ausübte, die ihr einfach zuhörte, versuchte sie zu verstehen. Sie entließ sie schließlich mit den Worten: „Viel Spaß mit deiner Mama“ und fügte einen kurzen Moment später, nach dem strengen Blick meiner anwesenden Freundin, leise hinzu: „oder mit deinem Papa.“ Sie versprach einen Bericht zu schreiben und diesen auch dem Gericht weiterzugeben – diesen Bericht konnte ich, entgegen etlicher gefälschter Polizeiberichte von weiteren Einsätzen leider bis heute nicht in den Akten finden.

Seit diesem Tage lebt Julia in einem Auf und Ab der Gefühle bei mir. Sie ist unglaublich froh und erleichtert und glücklich bei mir sein zu dürfen, sich dies selbst erkämpft zu haben, sie genießt jede Kuscheleinheit, jedes Essen, jeden Ausflug, jedes gemeinsame Spiel und gemeinsames Lachen. Immer wieder schleicht sich aber natürlich auch die Angst dazwischen: was, wenn sie doch zurück muss? Was, wenn es einen erneuten Polizeieinsatz gibt? Wenn sie vielleicht auch nachts aus ihrem Bett geholt wird, womöglich noch im Schlaf? Ich kann ihr diese Angst nicht nehmen, denn all das sind berechtigte Ängste, kann ihr nur immer wieder sagen, dass sie dies nicht erleben wird, wenn sie freiwillig zu ihrem Vater zurückkehrt, wo sie derzeit nach wie vor rechtmäßig zu wohnen hat. Doch das will sie noch viel weniger.

So bleibt nur zu hoffen, dass über meinen Eilantrag für das Aufenthaltsbestimmungsrecht für Julia, den ich schon Ende Juli gestellt habe und die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung, die ich im August beantragt habe, nun endlich entschieden wird. Positiv kann man in meinem Fall wohl schon werten, dass beide Anträge bislang noch nicht gänzlich abgewiesen wurden, wie in der Vergangenheit bei anderen Anträgen von mir sehr oft der Fall. Doch warum wird Julia so lange in diesem hoch belastenden Schwebezustand belassen? Entscheidungen im Familiengericht unterliegen eigentlich dem Beschleunigungsgebot und sollten innerhalb von vier Wochen verhandelt werden, Eilsachen sind noch schneller zu entscheiden, oberste Maxime dabei immer das Kindeswohl – warum es bei von mir gestellten Anträgen anders ist? Ich weiß es nicht. Trotz aller Schwierigkeiten in den bisherigen Verfahren bleibt mir nichts anderes übrig als auf eine Änderung zu hoffen.

Und bis dahin werde ich Julia weiterhin so gut wie möglich entlasten und unsere verlorene Zeit der letzten Jahre nachholen: wir waren so oft schwimmen wie seit Jahren nicht mehr in einem Jahr, waren shoppen, haben den Strand besucht und sind in den Bergen gewandert, haben Heuballen erklommen und Beeren gesammelt, haben etliche neue Gesellschaftsspiele gelernt, Julia sieht seit Jahren endlich wieder regelmäßig ihre Cousins, ihre Patentante, ihre Großeltern und noch etliche weitere Freunde.

Danken möchte ich nach diesen vier Monaten von ganzem Herzen allen Freunden, Verwandten und Unterstützern, die uns geholfen haben, dass wir diese gemeinsame Zeit nun erleben durften, die uns täglich Mut und Kraft wünschen, diese Zeit durchzustehen und die daran glauben, dass es noch eine Entscheidung im Einklang mit den Wünschen von Julia geben wird!

* Namen geändert

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