Julia* ist nun seit fünf Monaten bei mir. Ich möchte euch heute von der abgebrochenen Zwangsvollstreckung im Juli diesen Jahres berichten.
Noch einmal kurz zur Vorgeschichte: Das Oberlandesgericht hatte im Juli diesen Jahres entschieden, dass meine beiden Töchter bei ihrem Vater leben sollen, da ich manipulativ und deswegen kindeswohlgefährdend sei. Dies wurde anhand eines Gutachtens festgemacht durch einen Gutachter, der weder mit mir noch mit den Kindern sprach. Er hat diese Einschätzung anhand der Aktenlage getroffen. Jegliche Nachweise zum eindeutigen entgegenstehenden Kindeswillen wurden nicht durch das Oberlandesgericht als berücksichtigenswert erachtet. Nachdem Julia am 18.06.21 zum wiederholten Male eigenständig von ihrem Vater zu mir weglief, habe ich den Vater zunächst über Wochen gebeten selbst mit seiner Tochter Kontakt aufzunehmen und zu einer Rückkehr in seinen Haushalt zu überzeugen. Dies ist bis zum heutigen Tage von ihm nicht versucht worden. Er hat kein einziges Mal Kontakt zu ihr aufgenommen, trotz meiner vielfachen Aufforderungen.
Obwohl dem Gericht dies bekannt war, wurde am 26.07.21 beschlossen, dass Julia mit Zwang und Polizeigewalt auch gegen ihren Willen von mir getrennt und zu ihrem Vater gebracht werden soll. Der Beschluss war mir zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt. Vielmehr wurde ich am Abend des 28.07.21 damit konfrontiert, dass meine Wohnung aufgebrochen und das Schloss ausgetauscht war, sodass unsere Katzen unversorgt in der Wohnung eingesperrt waren. Der Gerichtsvollzieher hatte am Morgen dieses Ferientags versucht meine Tochter zu holen. Anstatt eines Anrufs bei mir oder einer Kontaktierung per Mail oder auch eines weiteren Vollstreckungsversuchs hatte er sogleich die Tür aufgebrochen und anschließend das Schloss ausgetauscht. Völlig schockiert suchte ich zunächst Rat bei meiner Freundin. Anschließend kontaktierte ich gegen 19 Uhr Polizei und Jugendamt und teilte ihnen meinen Aufenthaltsort mit, damit sie die angeordnete Vollstreckung durchführen könnten. Julia hatte große Angst vor dem bevorstehenden Abend. Wir informierten also noch mehrere Freunde und Bekannte, die ihr beistehen und sie emotional begleiten wollten. Dies gab Julia ein wenig Geborgenheit und Sicherheit. Sie fühlte sich nicht so allein, sah, dass es etliche Leute gab, die hinter ihr standen und sie verstehen konnten. Auch das Fernsehen kontaktierte ich, da der MDR schon über uns berichtete und sich sehr für die Fälle, wo Kinder mit Polizeigewalt gegen ihren Willen von ihren Eltern getrennt werden, interessiert.
Anschließend warteten wir mehrere Stunden auf Polizei und Jugendamt. Da Julia große Angst hatte und hierdurch natürlich sehr angespannt war, kontaktierte ich mehrfach die Institutionen, ob sie tatsächlich an dem Abend noch kommen würden. Man sicherte es mir immer wieder zu, war teilweise sehr unfreundlich und kurz angebunden, aber ich solle auf jeden Fall auf sie warten. Gleich zu Beginn hatte man mir von der Polizei gesagt, dass man ja nicht wisse, wie lange es dauern würde, da es ja auch noch Notfälle durch die Polizei zu bearbeiten gäbe. Dies wurde mir an diesem Abend noch mehrfach so mitgeteilt. Ich verstand immer weniger, warum mein Kind mit Gewalt von mir getrennt werden sollte, wenn es sich anscheinend gar nicht um einen Notfall handelte.
Es wurde später und später. Ab neun rief ich erneut mehrfach bei Polizei und Jugendamt an, da Julia nicht mehr nur angespannt und aufgeregt, sondern zunehmend auch müde und erschöpft war. Sie wollte schlafen. Auch dies teilte ich dem Jugendamt mit, erfragte, ob dies so zum Kindeswohl sei, ob es notwendig sei, meine neunjährige Tochter weiter wach zu halten. Das Jugendamt bestand darauf. Als zwischen 22 und 23 Uhr immer noch niemand erschienen war, legten wir uns schließlich doch ein wenig auf dem Schlafsofa meiner Freundin hin. Diese telefonierte noch einmal mit den Behörden, während wir uns ausruhten.
Um kurz vor Mitternacht erschienen schließlich vier uniformierte Polizisten und ein Herr vom Jugendamt. Sie erklärten sofort, dass Julia nun unbedingt zu ihrem Vater mitmüsse. Die inzwischen völlig übermüdete Julia war schlagartig wieder wach und stand den Polizisten Rede und Antwort. Sie sagte ihnen deutlich, dass sie auf keinen Fall mitwolle, dass sie unbedingt bei mir bleiben wolle, dass es ihr bei mir gut gehe und bei ihrem Vater nicht. Es war absolute Stille während sie klar und deutlich auf die Fragen der Polizisten antwortete. Diese stockten nach ihren deutlichen Ausführungen, waren sichtlich verunsichert und fragten, ob sie dies so schon einmal einem Richter gesagt hätte. Ich erklärte, dass sie es immer und überall so aussagen würde, aber dass es bislang nie Berücksichtigung fand. Julia erklärte auch deutlich, dass sie ihre Schwester vermisste, aber dennoch nicht zurückwolle. Die Beamten erfragten deswegen, warum ihre Schwester nicht mit weggelaufen sei, wenn es ihnen bei ihrem Vater so schlecht ginge. Julia erklärte daraufhin sehr prompt, dass Charlotte* nun eingeschüchtert sei und Angst vor der Polizei habe, da diese sie schon einmal gegen ihren Willen zurück zu ihrem Vater gebracht habe. Wieder stockten die Polizisten.
Schließlich entdeckten sie die installierten Kameras des MDR und verließen daraufhin das Haus um sich zu besprechen. Zunächst machte es den Anschein, als wollten sie Verstärkung anfordern. Julia wurde immer ängstlicher. Letztlich erklärte der Mitarbeiter vom Jugendamt, dass er die Vollstreckung heute hier abbrechen würde, da Julia aufgrund der installierten Kameras und der anwesenden Freunde von mir keinerlei andere Wahl habe als sich gegen die Vollstreckung zu wehren und zu weigern und dass es in dieser Form dann durchaus traumatisch für sie sein könnte. (Das muss man sich mal vorstellen: vor Kameras soll es traumatisch sein, ohne diese zum Kindeswohl!) Wir sollten aber wissen, dass eine erneute Vollstreckung in Kürze wieder passieren würde. Noch in der Nacht verließen wir den Haushalt meiner Freundin, da wir genau hiervor Angst hatten.
Die Angst war berechtigt: Während ich den Gerichtsvollzieher zwei Tage später kontaktierte und um Terminvereinbarung für eine Vollstreckung ohne Polizeigewalt bei Tagzeiten bat, wurde etwa zeitgleich beim Gericht ein Beschluss erlassen, dass Julia auch zu Nacht- und Wochenendzeiten und auch zu der Adresse meiner Freundin und meiner Schwester mit Gewalt herausgeholt werden dürfte – alles im Namen des Kindeswohls.
Kontinuierlich habe ich in den Wochen danach den Vater weiter zu einer persönlichen Kontaktaufnahme und Abholung von Julia gebeten. Dies hat der Vater bis heute nicht getan. Er hat keinen Versuch unternommen mit Julia zu sprechen. Völlig unverständlich ist ihr, warum ihr Vater sie mit Gewalt zu sich holen lassen will, aber nicht einmal den Kontakt zu ihr sucht.
Bis zum heutigen Tage hat der Gerichtsvollzieher weder einen Termin zur Vollstreckung mit mir vereinbart, noch eine gewaltvolle Vollstreckung zu Nachtzeiten versucht. Viel mehr hat er die Vollstreckung am 02.09.21, nach Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung von mir über den Verbleib von Julia, glücklicherweise eingestellt.
Beim Gericht habe ich die Einstellung der Zwangsvollstreckung vor Monaten beantragt, entschieden wurde hierüber bislang nicht. Ich kann nach wie vor nur inständig jegliche Institutionen und auch den Vater bitten sich ein Herz für Julia zu nehmen und eine friedliche Klärung im Einklang mit ihrem eindeutigen Willen zu finden.
Anbei noch einmal das MDR-Video mit den Bildern zu der durch die Behörden abgebrochene Zwangsvollstreckung vom 28.07.21, wir sind ab Minute 7:30 zu sehen:
https://www.youtube.com/watch?v=uIkfUA0Nmxo&list=PL56ik9ue4fX1mIatYiwxQJT-9aWipuger
* Namen geändert
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